Hattmannsdorfer: Ungarische Sondersteuer gefährdet Grundpfeiler des EU-Binnenmarkts

Wien (OTS) – „Was Ungarn derzeit macht, ist ein Angriff auf den
europäischen
Binnenmarkt und damit auf eines der größten Erfolgsprojekte Europas.
Wenn europäische Unternehmen in einem EU-Mitgliedsstaat einseitig
besteuert werden, darf die Kommission nicht zusehen. Ich erwarte,
dass Brüssel rasch handelt, um den Binnenmarkt und seine Grundregeln
zu verteidigen,“ stellt Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer
klar.

Anlass ist die ungarische Sondersteuer auf den
Lebensmitteleinzelhandel, die seit 2022 in Kraft ist und inzwischen
bis zu 4,5 Prozent des Nettoumsatzes beträgt. Betroffen sind vor
allem internationale Handelsketten wie SPAR und Hofer, die in Ungarn
zu den größten privaten Arbeitgebern zählen.

Ungarische Franchiseketten und nationale Anbieter hingegen werden
weitgehend ausgenommen oder nur niedrig besteuert. Damit entsteht ein
faktischer „Binnenmarkt-Aufschlag“ auf europäische Unternehmen.

Die ungarische Regierung begründet die Steuer mit der angeblichen
„Überwälzung der Inflation durch westliche Handelsketten“. In der
Praxis bedeutet sie jedoch eine massive finanzielle Belastung für
Unternehmen, die tausende Arbeitsplätze sichern und den Wettbewerb in
Mittel- und Osteuropa beleben.

Weil SPAR und Hofer ihre Märkte integriert steuern, hat die
Steuer auch indirekte Auswirkungen auf ihre Preis- und
Investitionspolitik in Österreich – was langfristig auch
Konsumentinnen und Konsumenten hierzulande treffen kann.

„Wenn erfolgreiche Unternehmen im EU-Binnenmarkt einseitige
Sondersteuern auferlegt bekommen, schwächt das nicht nur den Standort
Ungarn, sondern das gesamte europäische Wirtschaftsgefüge,“ so
Hattmannsdorfer. „Wenn solche Praktiken Schule machen, droht der
Binnenmarkt zu zerfallen – mit allen Folgen für Arbeitsplätze,
Investitionen und Preisstabilität. Europa lebt vom Vertrauen in
gemeinsame Regeln. Wenn dieses Vertrauen erodiert, steht mehr auf dem
Spiel als bloß wirtschaftliche Fairness, dann geht es auch umd die
Glaubwürdigkeit Europas.“

Zwtl.: EU-Kommission gefordert – Österreich drängt auf konsequentes Vorgehen

Die Europäische Kommission sieht in der ungarischen Regelung
einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und hat
am 18. Juni 2025 eine Stellungnahme übermittelt. Sollte die Antwort
aus Budapest unzureichend sein, droht eine Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof (EuGH).

Um den Druck zu erhöhen, hat Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer
nun zwei Briefe an die EU-Kommission gerichtet – an Exekutiv-
Vizepräsident Stéphane Séjourné und Vizepräsidentin Teresa Ribera.
Darin fordert er ein konsequentes Vorgehen gegen diskriminierende
Maßnahmen, die den freien Binnenmarkt unterlaufen, sowie eine rasche
Prüfung der anhängigen Beihilfebeschwerde.

In den Schreiben warnt Hattmannsdorfer vor einer systematischen
Benachteiligung ausländischer Unternehmen in Ungarn: „Die ungarische
Regierung hat die sogenannte Krisensteuer sogar gesetzlich verankert
und mit einer Gewinnmargen-Obergrenze von ein bis zwei Prozent
kombiniert. Das führt zu einer faktischen Verlustsituation für
ausländische Betriebe – während ungarische Wettbewerber verschont
bleiben.“

Zwtl.: Binnenmarktstrategie als Schutzschild

Hattmannsdorfer fordert eine starke europäische
Binnenmarktstrategie, die gleiche Wettbewerbsbedingungen in allen
Mitgliedsstaaten sicherstellt – nicht nur beim Warenverkehr, sondern
auch bei Steuern, Abgaben und Unternehmensrechten.

„Der Binnenmarkt ist das größte Erfolgsprojekt Europas. Wenn wir
seine Regeln nicht verteidigen, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit,
unsere Wettbewerbsfähigkeit und letztlich unseren Wohlstand. Europa
braucht keine neuen Barrieren, sondern gleiche Chancen für alle
Unternehmen,“ so der Minister abschließend.

Zwtl.: Hintergrund: Nationale Sonderabgaben und Markteingriffe in Ungarn

Seit 2022 hat die ungarische Regierung eine Reihe von
wirtschaftspolitischen Maßnahmen eingeführt, die vor allem
ausländische Unternehmen treffen:

– Sondersteuer auf den Lebensmitteleinzelhandel: bis zu 4,5 Prozent
auf den Nettoumsatz (seit 2024).

– Sektorale Sondersteuern: bis zu 30 Prozent für Banken, 40 Prozent
für Pharmahandel, 95 Prozent auf Preisvorteile bei russischem Öl.

– Preisstopps und verpflichtende Sonderangebote: staatlich
festgesetzte Preise und Rabattpflichten bis Mitte 2024.

– Exportbeschränkungen und Gewinnabschöpfungen: u. a. für Rohstoffe
und Energieunternehmen.

Mehrere dieser Regelungen sind bereits Gegenstand von EU-
Vertragsverletzungsverfahren – im Fall der Bergbausteuer (90 Prozent)
läuft seit 2023 ein Verfahren vor dem EuGH.