Wien (OTS) – Mit dem morgigen Tag tritt das Übereinkommen Nr. 190 der
Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Beseitigung von
Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt in Österreich in Kraft. Es
markiert einen bedeutenden Schritt hin zu einer Arbeitswelt, die frei
von Gewalt und Belästigung sein soll. „Damit das Recht auf eine
Arbeitswelt ohne Gewalt und Belästigung in der Praxis umgesetzt
werden kann, ist es entscheidend, dass rasch konkrete Maßnahmen
folgen, um dies am Arbeitsplatz effektiv zu verhindern und zu
bekämpfen“, fordern Ines Stilling, Bereichsleiterin Soziales AK Wien,
und Christa Hörmann, gf. Bundesfrauenvorsitzende und ÖGB-
Vizepräsidentin.
Theoretisch weist Österreich einen hohen Schutzstandard am
Arbeitsplatz auf. Dennoch bieten viele Bestimmungen Betroffenen von
Gewalt und Belästigung keinen effektiven Schutz. Gleichzeitig
unternimmt die Mehrheit der Betriebe gar nichts oder zu wenig, um
ihre Beschäftigten zu schützen. Dabei sind laut Eurofund 20% der
Arbeitnehmer:innen betroffen. „Mit ILO 190 werden Gewalt und
Belästigung erstmals als systemisches Problem der Arbeitswelt
anerkannt und nicht als individuelles Versagen. Gewaltprävention darf
aber kein Lippenbekenntnis bleiben. Arbeitgeber:innen sind nun in der
Pflicht, wirksame Maßnahmen sicherzustellen“, so ÖGB-Vizepräsidentin
Hörmann. Und AK Bereichsleiterin Stilling ergänzt: „Worten müssen nun
Taten folgen, damit der Arbeitsplatz, sowohl im realen Leben als auch
im digitalen Raum, endlich für alle ein sicherer Ort ist.“
Der Schutzbereich des Übereinkommens erstreckt sich auf den
Arbeitsplatz, auf Dienstreisen, Arbeitswege, betriebliche Unterkünfte
und digitale Kommunikation. Zentrale Grundsätze sind ein gesetzliches
Verbot von Gewalt und Belästigung, die Umsetzung umfassender
Strategien und Maßnahmen zur Verhinderung ebendieser sowie die
Verpflichtung der Arbeitgeber:innen, angemessene Schritte zu setzen,
um potentielle Gefahren und Gewalt und Belästigung zu verhindern.
„Wir appellieren an Politik und Wirtschaft, die notwendigen Maßnahmen
rasch und konsequent umzusetzen“, so Stilling und Hörmann.
Konkret fordern AK und ÖGB:
+ Arbeitgeber:innen müssen ihre Fürsorgepflicht stärker als
bisher wahrnehmen und Arbeitnehmer:innen vor Übergriffen schützen.
Dafür müssen Pflichten und Verantwortung der Arbeitgeber:innen
konkretisiert und präzisiert werden.
+ Kann ein/e Arbeitgeber:in kein geeignetes Präventionskonzept
vorweisen, soll im Falle einer Belästigung ein Schadenersatz für
Betroffene in Höhe von mindestens 5.000 Euro fällig werden.
+ Unternehmen müssen Führungskräfte entsprechend schulen,
Arbeitgeber:innen-Interessensvertretungen Schulungsmaßnahmen für ihre
Mitglieder anbieten.
+ Erzwingbare Betriebsvereinbarungen zu Frauenförderung und
Antidiskriminierung.
+ Verbandsklagerecht bei Diskriminierung zur Entlastung von
Einzelpersonen.
+ Eine gemeinsame Kampagne zum Thema Gewalt in der Arbeitswelt
durch Regierung, Sozialpartner:innen, Medien und NGOs.