Postpartale Depression: wenn aus Babyglück plötzlich Belastung wird

Wien (OTS) – Die Geburt eines Kindes bringt für viele Mütter und
Väter nicht nur
Glücksmomente, sondern kann auch psychische Krisen auslösen. Rund 15
bis 20% aller Mütter und 5% aller Väter entwickeln während oder nach
der Schwangerschaft eine Depression, die als „peripartale“ (rund um
die Geburt) oder postpartale (nach der Geburt) Depression bezeichnet
wird. Die Spezialambulanz in der Klinik Ottakring bietet gezielte
Unterstützung für Betroffene. Rund 1.000 Patient*innen werden hier
jährlich versorgt und 6.000 Patient*innen-Kontakte verzeichnet.
„Betroffene leiden oft an Ängsten, einer tiefen Erschöpfung,
Schuldgefühlen und Selbstzweifeln. Denn die Geburt eines Babys stellt
das Leben der Eltern auf den Kopf. Nichts bleibt so wie es früher
war“, erklärt Dr.in Claudia Reiner-Lawugger, Oberärztin und
Psychiaterin in der Allgemein-psychiatrischen Abteilung der Klinik
Ottakring.

Zwtl.: Wenn alle Säulen wanken – Entstehung einer postpartalen
Depression

Eine postpartale Depression entwickelt sich rund 6-8 Wochen nach
der Geburt. Auslöser sind die tiefgreifenden Veränderungen, die mit
der Geburt eines Babys einhergehen. „ Ein Baby bedeutet eine massive
Veränderung in allen Bereichen des Lebens, d.h. körperlich, seelisch,
sozial und in der persönlichen Identität. Dieses umfassende
Erschüttern des bisherigen Gleichgewichts kann das Risiko für eine
depressive Entwicklung erhöhen ,“ erläutert Reiner-Lawugger die
Hintergründe der postpartalen Despression. Oft bestehen bei
Betroffenen bereits depressive oder psychische Vorerkrankungen, die
das Risiko für eine postpartale Depression deutlich erhöhen, doch die
Erkrankung kann auch erstmals während oder nach der Geburt auftreten.

Zwtl.: Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend

Die besonderen Herausforderungen rund um eine Geburt betreffen
nicht nur Mütter, sondern können auch Väter und das gesamte familiäre
Umfeld treffen. „ In der Spezialambulanz für peripartale Psychiatrie
erfolgt die Diagnose in einem ausführlichen Anamnese-Gespräch. Eine
rasche Diagnose ist wichtig um negative Auswirkungen auf die Eltern-
Kind-Bindung zu vermeiden ,“ erklärt Reiner-Lawugger. Hebammen und
Sozialarbeiter*innen setzen dafür häufig das Edinburgh Postnatal
Depression Scale (EPDS) als Screening-Instrument ein, um frühzeitige
Anzeichen zu erkennen. Bei auffälligen Ergebnissen werden Patient*
innen zur weiteren Abklärung und Behandlung an die Spezialambulanz in
der Klinik Ottakring überwiesen.

Zwtl.: Individuelle Therapie je nach Schweregrad

Leichte Beschwerden können durch sozialpädagogische Maßnahmen
therapiert werden. Unterstützend stehen dabei auch Angebote im
extramuralen Bereich, wie etwa die Frühen Hilfen, zur Verfügung. In
den meisten Fällen ist jedoch eine medikamentöse Behandlung
notwendig. „Fast 95% der Patient*innen, die zu uns in die Klinik
kommen, benötigen eine Therapie mit Antidepressiva,“ erklärt Reiner-
Lawugger. „ Die Behandlungsdauer richtet sich nach der genauen
Diagnose – etwa ob es sich um eine erstmalige Anpassungsstörung oder
eine wiederkehrende Erkrankung handelt – und dauert mindestens 6
Monate.“ Idealerweise wird die medikamentöse Behandlung durch eine
Psychotherapie ergänzt, die meist ambulant erfolgt. Die Kosten
hierfür werden nicht immer von den Krankenkassen übernommen.

Zwtl.: Spezialambulanz für peripartale Psychiatrie in der Klinik
Ottakring

Die Spezialambulanz für peripartale Psychiatrie in der Klinik
Ottakring ist werktags von 08.00 Uhr bis 13.00 Uhr geöffnet, Termine
werden telefonisch unter 01 491 50-8110 vergeben. Sie ist Teil der
peripartalen psychiatrischen Versorgung der Stadt und wird in
Kooperation mit den Psychosozialen Diensten Wien (PSD) umgesetzt. Den
Rahmen dafür bietet der Psychiatrische-Psychosomatische
Versorgungsplan Wien.

Zwtl.: Service: Hilfe in Krisensituationen

– In akuten Notfällen ist der Sozialpsychiatrische Notdienst des PSD-
Wien rund um die Uhr erreichbar unter 01-31330.

– Bei psychischen Krisen rund um die Geburt kontaktieren Sie die
Frühen Hilfen unter 01-389 83.